Osman Engin - Best Of Volume 1

 

 

 

 

 

 

eine Lesung von Cengiz Kültür; Bremen 2012, 64 Min.

TV-Ausstrahlung: 20.06.2012
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Wer kennt Osman Engin (siehe Foto) nicht?!? Der Bremer Satiriker zeigt nun auch in der Reihe 361°bremen in einer 64-minütigen Lesung seine Sicht auf die Welt. Hier eine kleine Kostprobe seiner Kunst:

Ausländer-Mitbenutzungszentrale

„Hier, Herr Engin. Ich habe wieder echte türkische Köfte gebraten, probieren Sie mal“, ruft Oma Fischkopf.
„Vielen Dank, Frau Fischkopf, wir haben gerade gefrühstückt.“
„Aber Herr Engin, Millionen von Ausländern sterben vor Hunger in Afrika, und Sie wollen nichts essen.“
„Frau Fischkopf, ich lebe seit 30 Jahren in Deutschland und nicht in Afrika. Und die meisten Afrikaner in Afrika sind dort keine Ausländer.“
„Herr Engin, tun Sie mir doch den Gefallen. Ich kenne sonst keine Ausländer“, sagt sie und stopft meiner Tochter die Frikadellen in den Mund.
„Iiiiiii!! Pappi, Pappi, ich kriege diese ekelhaften Dinger nicht runter“, schreit Hatice auf türkisch.
„Hatice, mein Kind, sei tapfer! Die Situation ist von nationaler Bedeutung. Du darfst das Mitleid der Deutschen nicht enttäuschen. Iß es um Himmels willen, iß es.“
Hatice macht dicke Augen und würgt zwei Frikadellen runter.
„Herr Engin, von heute an wird Ihr Kind jeden Tag etwas von mir zu essen bekommen.“
„Papa, Papa, laß uns sofort hier ausziehen. Ich werde auch immer artig sein“, bettelt Hatice mit grünem Gesicht.
„Aber, Herr Engin, Sie wollen doch sicher irgendwann sowieso in Ihre Heimat zurück, oder?“
„Mein Sohn Mehmet ist der einzige, der wieder zurück in seine Heimat will.“
„Und, wird die Familie ihm folgen?“
„Nein, unsere Wohnung wird nicht frei! Mein Sohn ist alt genug; wenn er unbedingt weg will, dann kann er auch alleine in Hamburg wohnen.“
„Wieso Hamburg?“
„Weil Mehmet in Hamburg geboren wurde, will er unbedingt dorthin zurück. Er sagt, Bremen sei ein Dorf dagegen.“
„Herr Engin, Herr Engin“, ruft unser Nachbar Nöllemeier, „passen die Kleider für Ihre Kinder, die ich mitgebracht habe?“
„Keine Ahnung, was für Kleider, Herr Nöllemeier?“ frage ich.
„Papa, er meint den Müll, den er letzte Woche bei uns abgeladen hat. Die habe ich schon zum Flohmarkt gebracht“, flüstert Hatice.
„Herr Engin, wenn wir schon einen Ausländer in unserer Straße haben, warum soll ich die alten Sachen nach Rußland schicken!“
„Danke, Herr Nöllemeier, meine Tochter meint, sie hat diese schönen Kleider für ihren Geburtstag aufgehoben, und sie fragt, ob sie zum Dank Ihre Hände küssen darf.“
Meine Frau flüstert:
„Osman, Hatice fragt, ob sie dich nachher umbringen darf?“
Herr Nöllemeier schwärmt:
„Diese Sorte von Ausländern habe ich besonders gerne: Die Dankbaren. Als mein Schwager Hubert letztens seinem Ausländer Kleider schenken wollte, `Behalt deinen Scheiß doch selber´, soll er gesagt haben.“
„Ausweisen sollte man die Bande, wenn sie nicht mal als Ausländer taugen!“ schimpft Oma Fischkopf.
„Osman, wenn die beiden noch einen Ton sagen, haue ich denen persönlich eins auf den Kopf“, ruft meine Frau wütend.
„Papa, mit dir gehe ich nie wieder auf die Straße! Erst muss ich zwei scheußliche Frikadellen essen und dann irgendwelchen alten Säcken die Hände küssen,“ schimpft Hatice.
Ich schüttele entsetzt den Kopf:
„Bei Allah, diese Ausländer sind so was von undankbar!“

(Diese Kurzgeschichte stammt von seiner Webseite www.osmanengin.de , wo man noch mehr Infos über ihn und seine Bücher finden kann.)

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